Startklar – Europäisches Zentrum zur Bewältigung hybrider Bedrohungen

Von Michelle Eickmeier

Zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen haben EU und NATO das in Finnland eingerichtete Europäische Zentrum zur Bewältigung hybrider Bedrohungen (Hybrid CoE) am Montag eingeweiht. Dies ist ein weiterer Schritt des Kooperationsbündnisses innerhalb ihrer strategischen Kommunikation.

Die NATO-EU-Kooperation im Bereich der Cyber-Verteidigung und der Entwicklung koordinierter Verfahren in der Bekämpfung hybrider Bedrohungen wird enger. Zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini besuchte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag Präsident Sauli Niinisto und Premierminister Juha Sipilä in Finnlands Hauptstadt zur Einweihung des „European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats/Hybrid CoE“ („Europäisches Zentrum zur Bewältigung hybrider Bedrohungen“).

„Unsere Beziehung war noch nie enger“, sagte Stoltenberg und unterstrich, das Hybrid CoE werde einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit leisten, indem es Nationen und internationalen Organisationen wie der NATO und der EU helfe, komplexe Bedrohungen besser zu verstehen. Zwar seien hybride Bedrohungen nichts Neues, sondern so alt wie das Trojanische Pferd, so Stoltenberg. Neu seien jedoch die Geschwindigkeit und die Tatsache, dass die Komplexität die Identifizierung der Quelle der Bedrohung erschwere, fügte Mogherini, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, hinzu. Für Mogherini „ist der europäische Weg zur Sicherheit und auch für die Außenpolitik potenziell die Antwort auf diese Art der sich ständig verändernden Sicherheitslage, die in Partnerschaften, in Multilateralismus, in die Zusammenarbeit, und in eine regelbasierte globale Ordnung investiert“.

Stoltenberg kündigte den Einsatz neuer NATO-Drohnen an, die ein entscheidender Schlüssel in einer möglichen hybriden Angriffssituation seien, um das Situationsbewusstsein zu verbessern. Denn die größte Herausforderung hybrider Angriffsszenarien sei das schnelle Bewusstsein darüber, angegriffen worden zu sein, um entsprechend schnell reagieren zu können. Die neuen Drohnen sollen auf der Militärbasis Sigonella auf Sizilien stationiert werden, wo die NATO den Hauptstützpunkt ihres Aufklärungssystems „Alliance Ground Surveillance“ eingerichtet hat. Aufgabe der Drohnen sei die schnelle Lageerkennung durch Aufklärung im Einklang mit internationalem Völkerrecht, sofern dies die Situation erfordere.

Das im April diesen Jahres durch ein Memorandum formell eingerichtete und bereits 2016 geplante Zentrum geht aus der Gemeinsamen Erklärung von EU und NATO hervor und wird derzeit von 11 Nationen, darunter auch Deutschland, unterstützt. Zu den gemeinsamen Herausforderungen der beiden Partner zählen neben der Cybersicherheit und der Bewältigung hybrider Bedrohungen auch die Maritime Sicherheit, der Aufbau von Verteidigungskapazitäten, Rüstungsindustrie, Forschung, verstärkte Koordinierung bei Übungen sowie strategische Kommunikation.

Stoltenberg dankte dem NATO-Partner Finnland für seine Beiträge zur internationalen Sicherheit, insbesondere der Luftsicherheit im Ostseeraum, und kündigte an, die Kooperation noch in diesem Jahr erweitern zu wollen.

EU und NATO verstärken strategische Kommunikation

NATO und EU verfügen bereits jeweils über ein Kommunikationsteam, das hybride Bedrohungen mittels strategischer Kommunikation abzuwehren sucht. Strategische Kommunikation umfasst Aktivitäten wie öffentliche Diplomatie, militärische Öffentlichkeitsarbeit, Informations- und psychologische Operationen.

Dabei haben sich die Einrichtungen zum Ziel gesetzt, Fake News und Propaganda öffentlichkeitswirksam aufzudecken. Die NATO betreibt seit 2014 „StratCom“, das „Exzellenzzentrum für Strategische Kommunikation“ in Lettland. Die internationale militärische Organisation der NATO, in der auch Deutschland vertreten ist, ist zugleich Forschungszentrum, bietet Fachwissen, Analysen, Beratung und bildet Spezialisten aus. Die Task Force „East StratCom“ (EEAS) des Europäischen Auswärtigen Dienstes wurde ein Jahr später durch den Europäischen Rat eingerichtet, mit dem Ziel der Bekämpfung russischer Propaganda mittels strategischer Kommunikation. Gerade erst hatte die EU-Kommission eine Agentur für Cybersicherheit vorgeschlagen, um ihre eigene Reaktionsfähigkeit auf Cyberangriffe weiterhin zu optimieren.

Hintergrund: EU und NATO sind bereits 2016 eine enge Kooperation im Kampf gegen hybride Bedrohungen eingegangen. Diese Zusammenarbeit zur Erhöhung der Cybersicherheit soll nun weiter vertieft werden. Die NATO hatte bereits auf dem Gipfeltreffen in Warschau im Juli 2016 vereinbart, ein hybrider Angriff könne den Artikel 5 des Nordatlantikvertrags und damit den Bündnisfall auslösen. Seitdem erkennt die NATO die Bekämpfung hybrider Kriegsführung als Teil ihrer kollektiven Verteidigung an. Eine engere NATO-EU-Kooperation hinsichtlich einer Stärkung der Sicherheit innerhalb der EU zeichnete sich bereits im Jahr 2014 als Reaktion auf die Annexion der Krim ab und wurde dann 2015 konkret, wonach beide Partner eine gemeinsame Strategie verabschiedeten und hybride Bedrohungen auf ihre gemeinsame Agenda setzten.

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